Text: Sebastian Kokesch
Montagmittag, die Sachen gepackt, ab mit dem Zug nach Wien. Noch den letzten leistbaren Kaffee am Klagenfurter Hauptbahnhof geschlürft, noch die ÖBB Österreich Card vergessen, noch eine neue beantragt und schon rein in den nackten Überlebenskampf der Railjet-Sitzplatzsuche. Zu dritt ist man ja bekanntlich flexibler, daher auch ein nettes Dreierplätzchen in Knittelfeld gefunden. Endlich in Wien: einen Kaffee, ähm eine Melange bitte. Eine kühle. Zum Mitnehmen. Vom Spar am Hauptbahnhof. Willkommen im Dschungel Wien!
Und willkommen in meiner Wohnung. Mein bester Freund offenbarte mir sein Luxus-Apartment. Und ich ihm meinen Schlafsack und meine Matratze. Die Theorie ist ja schön. Aber man ist dann doch dankbar für den Kaffee, nachdem man seit vier Uhr morgens durch Wien spazierte, da der nackte, kalte Boden der 11qm-Wohnung im 16. nun doch nicht ganz so entspannend war – wie man gemeint hatte.
Dienstag, Kaffee und Eierspeise. Dann noch kurz empathisch für die Studenten auf dem Weg zur Uni und Schlaf nachholen. Der Rest des Tages wurde für kulturell-orientierte Stadtspaziergänge (Kaffee) genutzt. Wiener Nachtleben: leiwond!
Tag 3
Toast mit Ovomaltine … kein Kaffee. Schlechtester Morgen der Woche. Nervliche Vorbereitungen für den textstrom Poetry Slam am Abend laufen auf Hochtouren. Dann endlich im rhiz. Zu früh, weil … die Wiener am Tisch waren keine Slammer. Schließlich treffen auch die anderen Poeten ein, darunter die herzlich medikamentierte – Trommelwirbel – Adina, welche trotz Erkältung nicht nur ein fantastisches Opferlamm gab, sondern auch den Abend charmant moderierte. Mit dabei heute: Mriri (zirpt sich), Tom (mit dem krassen Flow) aus Graz, Basti Schoof (versteckt eure Großeltern), der süße Kai (versteckt eure Töchter) und (der philosophische) Osama. Unter den heute angesprochenen Themen befand sich nebst schwarzem Humor und Rentnerkritik auch eine Anleitung zum Mädchen aufreißen. Du bist süß, Kai!
Auftritt: ich. Mein literarisches Geständnis, dass ich nicht Julia Engelmann bin, fügte sich wie ein Puzzleteil in die rauchige Atmosphäre, während über unseren gespannten Köpfen die Gleise bebten. Nicht vor dem Finale aufzuhalten waren Tom, Kai und Osama. Zweiterer, der reizende Deutsche nahm den Sieg an sich und wir sein charmantes Lächeln mit nach Hause.
Tag 4
Letzter Tag vor meiner Abreise. Noch immer wartend auf die plötzliche Inspiration. Heute würde ich beim weltweit ersten (!) Anarchie Slam auftreten. Soll heißen: Kategorie U20, vier an der Zahl gegen die gleich stark bemannte Ü20. Unser Vorteil: keine Regeln! Fremdtexte, Requisiten – also was das Herz begehrt – in 5 Minuten. Doch zuerst zum Workshop von Adina, der unsherausforderte, über Themen zu schreiben, die wir hassen, um letztendlich den Gedanken freien Lauf aufs Papier zu lassen. Meine Wenigkeit trug den abschließenden Text vor: ein Kampf zwischen Mafia und Authentizität unter Alkoholeinfluss. Und dann. Ab in den Dschungel! Den Auftakt machte Ü30 Opferlamm Phillip, der laut über unseren alltäglichen Kot nachdachte – ein scheißtoller Text! Dann immer zuerst U20, dann ein Ü20er. Herausstachen für mich die Erste-Welt-Prinzessin Clara, der chillige Christopher Hütmannsberger und Nano Miratus, welcher mit seiner Banane Anekdoten über ein Mädchen vortrug. Moderiert wurde das Spektakel von der nachwievor charmanten Adina – gemeinsam mit der sympathischen Fanny Famos. Ich gab mein jüngstes Werk – nur wenige Stunden alt – zum Besten, welches sich der Berühmtheit Iggy Azaelas bediente. Das Interludium gab die Ü70 (ÜEwig): der humorvolle Steirer Tschif Windisch. Als Protagonisten des Finalakts wurden Mriri und die 17 jährige Clara vom Publikum auserkoren, die Wienerin gewann verdient durch Applaus.
Nun denn, 4 Tage fernab der Heimat, 4 Tage voller Kaffee und was noch wichtiger ist: voller sympathischer Menschen. Viele neue Bekanntschaften, denn: Poesie verbindet! Nächstes Wiedersehen: 10. November bei Tschif’s legendärem Dialekt Slam. Es war mir ein Volksfest, Wien!